Nachhaltiges Reisen: Inwieweit BIST DU bereits ein nachhaltiger Reisender?
Vielleicht bist du ein abenteuerlustiger Reisender, der Abenteuer abseits der ausgetretenen Pfade liebt und es vorzieht, in einzigartigen Unterkünften mit einer reichen Geschichte zu übernachten. Du bist aber auch derjenige, der sich oft für die billigsten Transportmöglichkeiten entscheidet und nach den besten Angeboten sucht. Oder vielleicht möchtest du auf deinen Reisen einfach etwas mehr Geld für Öko-Lodges, nachhaltige Autos und umweltfreundliche Flüge ausgeben. Aber seien wir ehrlich, du willst auch so viele Länder, Orte und Highlights wie möglich in so kurzer Zeit wie möglich abhaken. Nachhaltiges und bewusstes Reisen erfordert Entscheidungen, und das ist nicht immer ein Kinderspiel. Keine Panik, wir geben dir im Folgenden 10 Tipps, wie du zu einem nachhaltigen Reisenden wirst.
Tipp 1: Langsam reisen - Reise mit Aufmerksamkeit
Tauche vor und während deiner Reise in dein Reiseziel ein: seine Kultur, seine Bräuche, seine Geographie. Wenn du reist, nimm dir Zeit für einen gleichberechtigten Austausch mit deiner Umgebung. Stelle Fragen, beobachte, höre zu. So lernst du nicht nur die Kultur kennen, sondern wirst dir auch über die Natur und den Einfluss, den du auf beide hast, bewusst. Wusstest du, dass es genau wie “Fast Food” und “Fast Fashion” auch “Fast Travel” gibt? Wenn etwas ‘schnell’ ist, bedeutet das, dass es das Konsumverhalten ankurbeln soll. Mit anderen Worten: so viel wie möglich, in so kurzer Zeit wie möglich für so wenig Geld wie möglich. Ob dies nun für die Lebensmittel-, Bekleidungs- oder Reisebranche gilt: es ist selten nachhaltig.
Tipp 2: Qualitatives Reisen - Reise seltener, aber länger
Betrachte Reisen nicht als Konsum, bei dem du so viele Orte wie möglich in so kurzer Zeit wie möglich abhaken willst, um einen niedrigen Preis und einen vollen Instagram-Feed zu bekommen. Sieh Reisen als etwas, bei dem Qualität wichtiger ist als Quantität. Auch das ist langsames Reisen, slow travel. Wenn du seltener – aber dafür länger – reist, stößt du weniger Co2 aus und hast du mehr Zeit, bewusst und mit mehr Rücksicht auf die Umwelt zu reisen.
Tipp 3: Entscheide dich für einen Direktflug
Wusstest du, dass Flugzeuge während des Starts und des Landens am meisten Co2 ausstoßen? Ein Direktflug mag etwas teurer sein, aber er ist bequemer, schneller und vor allem nachhaltiger! Klick außerdem nicht blindlings auf die Knöpfe der Fluggesellschaft, die dir verspricht, deinen Co2-Ausstoß auszugleichen. Es ist gut, dafür Geld auszugeben, aber auch hier solltest du dir genau überlegen, wohin dein Geld fließt und welchen Unterschied es wirklich macht.
Tipp 4: Entscheide dich für eine Unterkunft - wähle eine Gastfamilie
Informiere dich über die Unterkunft, in der du wohnst: Buche nicht einfach das erstbeste Angebot auf booking.com! Versuche, eine kleinere, persönliche Unterkunft zu buchen, die von einheimischen Leuten geführt wird. Viele große Lodges sind kommerziell eingerichtet und werden oft von westlichen Investoren geleitet. In diesem Fall fließt das Geld, das du bezahlst, direkt in die Taschen von Leuten, die bereits drei Ferienhäuser besitzen, wobei die Gehälter für einige wenige einheimische Arbeiter oft minimal sind. Darüber hinaus verbrauchen kleine Hotels mit weniger Einrichtungen weniger Energie und schonen so die lokalen Ressourcen. Schließlich unterstützt du die lokale Wirtschaft und erfährst oft etwas über die Gegend und die Kultur, wenn du bei einer lokalen Unterkunft buchst!
Tipp 5: Informiere dich über die Unterkünfte - keine Kommerzialisierung
Möchtest du trotzdem eine luxuriösere Lodge buchen, die nicht vor Ort betrieben wird? Dann stell sicher, dass du keine große, kommerzielle Lodge buchst. Sie importieren oft Lebensmittel aus dem Ausland, wodurch unnötig Co2 ausgestoßen und die lokale Wirtschaft nicht unterstützt wird. Tauche ein in die Geschichte, die hinter einer Luxuslodge steckt. Vielleicht ist es ein freundlicher Expat mit Abenteuerlust, dem die Umwelt am Herzen liegt!
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Tipp 6: Vermeide die Highlights und Touristenattraktionen
Alles schön und gut, dieses geschäftige Masai-Dorf oder die Serengeti, aber oft besteht diese Erfahrung hauptsächlich darin, für das Sehen wilder Tiere in der Reihe zu stehen oder inszenierten Vorstellungen beizuwohnen. Der Massentourismus hat oft negative Auswirkungen auf traditionelle Kulturen und Bevölkerungen, und der Austausch zwischen Reisenden und Umgebung ist oft ungleich und nicht nachhaltig. Natürlich wollen wir alle auf einer Reise nach Afrika die Big Five sehen und würden gerne einen Massai, Samburu oder Karamojong treffen. Dies kann auch an anderen Orten geschehen, z.B. in weniger besuchten Naturschutzgebieten oder relativ unbekannten, traditionellen Dörfern. Hier laufen die Massai übrigens oft mit Smartphones in der Hand herum und fahren auf Motorrädern!
Tipp 7: Schütze die Tierwelt
Bring dein Fernglas und deine Fotokamera mit und fang geschützte Arten ein! Das mag in deinen Ohren nicht nachhaltig klingen, aber die Art und Weise, wie du das tust, bestimmt, ob du einen Beitrag leistest oder nicht. Einrichtungen, in denen man Löwenjunge streicheln oder Elefantenohren waschen kann, sollte man am besten boykottieren. Aber wusstest du, dass es auch viele vom Aussterben bedrohte Arten gibt, die ihren Schutz über den Tourismus beziehen? Denke an die Berggorillas in Uganda, Kongo und Ruanda. Für die Erlaubnis, die Tiere zu besuchen, zahlst du einen hohen Preis, und all das Geld fließt in den Schutz des Lebensraums dieser selten gewordenen Tiere. Das Gleiche gilt für viele Schutzgebiete, in denen vor allem Tiere wegen ihres Elefenbeins gefährdet sind und durch Einnahmen aus dem Tourismus vor Wilderern geschützt werden. Wenn du Tiere beobachten möchtest, solltest du dich gut informieren, wo du dies tun kannst. Große, berühmte Parks machen Spaß. Du kannst dich aber auch dafür entscheiden, dein Geld für kleinere Schutzgebiete auszugeben, die direkt in die Erhaltung der Tiere investieren.
Tipp 8: Vermeide das Weiße-Retter-Syndrom
Als weißer Mensch mit einer gut gefüllten Brieftasche bist du privilegiert. Sei dir über diese Lage bewusst, wenn du reist. Besuche keine Waisenhäuser – diese sind oft darauf ausgerichtet, Geld zu verdienen – und auch keine Schulen. Frag dich selbst: Würdest du es gut finden, wenn der Unterricht deines Kindes ständig unterbrochen werden würde, weil ein paar afrikanische Touristen einen Blick in ein deutsches Klassenzimmer werfen wollen? Verteile auch kein Geld oder Gegenstände an Kinder. Dies fördert eine Kultur des Bettelns und erhält das System der weißen Überlegenheit aufrecht. (Link zum Blog White Savior Syndrome) Möchtest du trotzdem etwas zurückgeben? Kauf dann mehrere Notizbücher, Stifte oder Spielzeuge auf einmal (vor Ort, damit du die Wirtschaft ankurbelst) und spende diese unauffällig an eine Schule.
Tipp 9: Trinkgeld gehört zum Geschäft
Trinkgeld ist auf Reisen wichtig. Viele Beschäftigte in der Tourismusbranche sind auf Trinkgelder angewiesen. Für dich ist es eine Gelegenheit, in kleinem Rahmen Arbeitsplätze zu schaffen und gute Dienstleistungen zu honorieren: eine Form von Geschäft. Fairer Handel – im Gegensatz zu Wohltätigkeit – schafft mehr Gleichheit. Denk daran, den Mann zu bezahlen, der deinen sperrigen Rollkoffer fünf Stockwerke hinauftragen will, oder den freundlichen Taxifahrer, der dir alles über die Geschichte seines Dorfes erzählt.
Tipp 10: Kompensiere mehr als deinen C02-Ausstoß
Anstatt deiner Fluggesellschaft mit einem einfachen Klick etwas Geld zu geben, um deine Flugreise zu kompensieren: tust du es selbst oder fragst dein Reisebüro! Auf diese Weise weisst du, wohin dein Geld fließt und kannst du ein Projekt auswählen, mit dem du der Welt etwas zurückgibst. Vielleicht kannst du dafür sorgen, dass Mangrovenwälder gepflanzt werden oder dass trockenes Land wieder grün wird. Bei einigen Projekten gibt es sogar die Möglichkeit während deiner Reise vorbeischauen, um etwas über Co2-Ausgleiche zu erfahren. Eine Win-Win-Situation! Und wenn du schon dabei bist: kompensiere 125% deiner Reisekosten, so dass du nicht nur kostendeckend arbeitest, sondern sogar einen Beitrag leistest, indem du reist.