Charlie’s Travels: Viele Anbieter bieten „Cage Diving Tours“ an. Wie geht ihr damit um?
Zilé de Kock: In Südafrika ist es nicht erlaubt, mit Weißen Haien zu tauchen oder frei zu schwimmen. Dafür braucht man eine spezielle Genehmigung. Wir beobachten die Haie aus der Distanz und gehen auch ins Wasser, aber nur in einem Käfig, der seitlich am Boot befestigt ist und an der Oberfläche schwimmt. Man braucht also keine Taucherfahrung und muss auch nicht schwimmen können, um teilzunehmen.
Oft werden die Tiere mit totem Fisch angelockt. Wie macht ihr das?
Wir füttern die Haie überhaupt nicht. In der Verhaltensrichtlinie ist klar festgelegt, dass das Füttern von Weißen Haien streng verboten ist. Stattdessen erzeugen wir eine Art „Geruchsspur“, die die Tiere wahrnehmen können. Gäste werden an Bord keine Fischstücke sehen. Hinten am Boot haben wir einen Tank, in dem kleine Fische wie Sardinen liegen. Mit einer Pumpe wird Wasser in den Tank geleitet und das mit Fischgeruch angereicherte Wasser zurück ins Meer gepumpt, das nehmen die Haie wahr.
Ihr füttert die Tiere also nicht, sondern lockt sie nur an?
Genau, wir setzen nur Lockmittel ein, um die Aufmerksamkeit der Haie zu gewinnen. Mit der öligen „Geruchsspur“, die wir hinter dem Boot ins Wasser leiten, wecken wir ihr Interesse. Die meisten Gäste wollen die Haie im Wasser sehen, also versuchen wir, die Tiere so nah wie möglich um das Boot kreisen zu lassen.
Warum müsst ihr die Haie überhaupt anlocken?
Wale zum Beispiel müssen regelmäßig an die Oberfläche kommen, um zu atmen – sie sind leichter zu beobachten. Weiße Haie dagegen sind fast unsichtbar, wenn man sie nicht gezielt anlockt. Selbst wenn sie nah am Boot sind, können wir sie oft nur mit einem Richtmikrofon orten. Einen Weißen Hai zu sehen, ist viel schwieriger, als viele denken!
Warum bietet ihr diese Touren dann trotzdem an?
Nur wenn Menschen selbst erleben, wie faszinierend diese Tiere sind, können wir sie dazu bewegen, sich für den Schutz der Haie einzusetzen. Man braucht eine persönliche Begegnung. „Cage Diving“ ist die einzige Möglichkeit, Menschen die eindrucksvolle Welt der Weißen Haie näherzubringen. Wir wollen Bewusstsein schaffen, damit diese Tiere erhalten bleiben.
Warum ist der Weiße Hai so bedroht?
Unsere regionale Schätzung zeigt, dass es in der Gansbaai-Population nur noch etwa 800 bis 1000 Weiße Haie gibt. Da sie weite Strecken wandern, begegnen sie vielen Gefahren im südlichen Afrika. Vor Mosambik und an der Küste von KwaZulu-Natal sterben jährlich rund 40 Tiere in Fangnetzen, an Langleinen oder durch Küstenfischer. Über den Schaden des Hai-Tourismus wird oft gesprochen – doch diese Fangmethoden sind weitaus schlimmer für die Tiere.
Kann man Haie also nicht das ganze Jahr über sehen?
Nein, Weiße Haie unternehmen weite Küstenwanderungen und können länger als ein Jahr aus Gansbaai verschwinden. Während ihrer Migration verbringen sie Zeit entlang der Küsten, oft an Sandstränden – egal ob dort gefischt wird oder nicht.
Wenn man zum Beispiel die Garden Route fährt, wo kann man dann mit Haien tauchen? Und wie erkennt man seriöse Anbieter?
In Südafrika kann man Cage Diving normalerweise in Gansbaai, Simonstown und Mossel Bay machen. Marine Dynamics ist mit dem Fair Trade Tourism Zertifikat ausgezeichnet, was für verantwortungsvollen und nachhaltigen Tourismus steht. Auf dieses Zertifikat sollte man bei der Wahl des Anbieters achten!
Gerade in Südafrika ist der Weiße Hai extrem bedroht. Wir versuchen, das Thema so anzugehen wie das erfolgreiche Schutzprogramm der Berggorillas in Ostafrika: Mit Einnahmen aus dem Tourismus können wir die Tiere tracken, überwachen und erforschen. Ohne unsere täglichen Bootsfahrten wären diese unglaublichen Haie in großer Gefahr, gewildert zu werden. Nur durch Forschung und Tourismus können wir sie retten.